Was war ich unwissend, und was war ich naiv!

Rückblickend habe ich ein schlechtes Gewissen, weil derjenige, der am meisten darunter leiden musste, auch derjenige ist, dem dieser Eintrag gewidmet ist – Hakon, meinem mittlerweile 17-jährigen Isländerwallach. In meiner Unwissenheit und dem naiven Glauben, mit einem Isländer nicht ein Gangpferd, sondern ein erwachsenentaugliches Feld-, Wald- und Wiesenpony mit Sonderausstattung (vierter und fünfter Gang) zu erwerben, habe ich Hakon seinerzeit aus einem Reitschulbetrieb heraus gekauft und war der Annahme, nun „einfach losreiten“ zu können und ein entspanntes, lustiges Hobby für meine Freizeitgestaltung gefunden zu haben.

 

Komisch, dass der Tölt dann aber nicht „funktionierte“. Komisch auch, dass mein Pony immer wieder Rückenprobleme hatte und Lahmheiten zeigte. Weiter war es auch komisch, dass mein Pony derart vorhandlastig lief, dass auf Asphaltwegen durch die Eisen regelrecht Funkenschläge zu sehen waren. Komisch, dass mein Pony in der Zusammenarbeit mit mir immer energieloser wurde. Auf allen Fotos aus dieser Zeit sieht man mich mit einem ernsten, fast schon verbissenen Gesicht. Der erhoffte Spaß blieb einfach aus. Und so beschloss ich eines Tages, den Dingen auf den Grund zu gehen und mich kundig zu machen, um diese Situation grundlegend zu verändern.

Eine wahre Odyssee begann. Es gab so viele Stellschrauben, so viele Einflussfaktoren! Auf der Suche nach der richtigen Haltungsform haben wir vier Stationen benötigt, um nun wirklich in einer (auch aus Pferdesicht) perfekten Haltung anzukommen. Auf der Suche nach dem richtigen Sattel blieben viel Geld und Zeit auf der Strecke, und meinem Hakon mancher Rückenschmerz leider nicht erspart. Die Fütterung habe ich komplett überdacht und neu zusammengestellt.

Tierärzte, Physiotherapeuten und Pferdezahnärzte wurden konsultiert und haben ihren Beitrag geleistet. Aber das Allerschwierigste war es, den richtigen Trainer und die richtige Trainingsmethode zu finden. Und auch hier habe ich viel gelesen, zugesehen, nachgefragt und zugehört, viele Menschen um ihren Rat gebeten. Horsemanship nach Geitner und Halfpenny, Gangpferdetraining bei der Weltmeisterin Johanna Tryggvason, Equikinetik und Dualaktivierung, und Unterstützung durch meine wunderbare Reitbeteiligung Lena.

Irgendwann landete ich auch bei dem Projekt Proprius und dem Intrinzen. Über Instagram wurde ich Mitglied der Intrinzenstudents und fand Gleichgesinnte, was ein wunderbarer Einstieg in eine neue Welt, in der ich feststellen konnte, dass ich nicht alleine bin mit den Gedanken, die mich umtreiben, um meinem Pferd wieder ein gesundes, glückliches und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Da mir aber über das Internet der persönliche Austausch sehr fehlte und es auch bei dieser Methodik einige Aspekte gab, die in meinen Augen sehr kritisch zu betrachten waren, schrieb ich Gústi Jónsson über Instagram an, um ihn um einen persönlichen Austausch zu bitten. Was ich in Instagram von ihm, Nadine und seinen Pferden gesehen hatte, gefiel mir. Das war es, was ich wollte, – so wollte ich auch meinen Hakon wieder sehen – glücklich, mit glänzenden Augen, stolz, und mit gesunden, ausdrucksvollen Bewegungen. So trafen wir uns. Ich durfte Gústis Pferde reiten und fühlte zum ersten Mal einen gesund gewölbten Pferdrücken unter mir. Das war mein Weckruf! Und nun sind Hakon und ich endlich angekommen.

Nicht am Ziel, sondern am Beginn unseres gemeinsamen neuen Weges. Endlich konnte ich mich von meinen alten Glaubenssätzen verabschieden. Endlich fing die gemeinsame Zeit wieder an, Spaß zu machen. Und nicht nur mir – wenn Hakon und ich zum Reitplatz gehen, um unser „Miteinander“ zu beginnen, läuft er frei mit und hat jederzeit die Möglichkeit, auf die Wiesen abzubiegen. Das macht er nicht, er will auf den Platz, und freut sich auf die gemeinsame Zeit. Daher habe ich aufgehört, diese Zeit „Arbeit“ zu nennen. Mit dem Begriff der Arbeit ist in unserem Denken nichts Leichtes verbunden, sondern eher das Schwere und Anstrengende. Und dieses Training ist leicht. Es ist motivierend, macht Spaß, die Zeit verfliegt dabei. Jetzt haben wir – Hakon und ich – eine neue Qualität in unserer Partnerschaft entdeckt. Er kommt aus der Herde zu mir, wenn er mich erkennt. Er folgt mir auf dem Paddock, auf dem Reitplatz. Er fordert mich auf, bringt seine eigenen Ideen ein. Er überrascht mich – in positiver Hinsicht – jeden Tag aufs Neue. Ich werde hier in diesem Blog gelegentlich von unseren Fortschritten berichten.